Zwischen Himmel & Hölle auf dem Mt. Bromo & Mt. Ijen

MOUNT BROMO



Indonesien ist das Land der Vulkane. Alleine auf Java befinden sich 38 teils erloschene, teils noch aktive Vulkane. Die indonesische Tourismusindustrie hat den Wert dieser Vulkane natürlich längst für sich entdeckt. Von leicht bis schwer oder sogar gefährlich, kann sich der Vulkanenthusiast auf Java austoben. Wer Java besucht, kommt meist wegen Yogyakarta oder dem Mount Bromo oder beidem. Günstig gelegen auf dem Weg über Land nach Bali bietet sich ein Stop an dem wohl mit Abstand fotogensten aktiven Vulkan Javas an. Und wer schon mal am Bromo ist und nach Bali reist, der kann auch noch den Ijen Krater mitnehmen. Klingt in der Theorie ja ganz easy, dachten wir uns. 

Unseren Trip zum Mount Bromo organisierten wir dann ganz individuell. Mit dem Zug ging es zusammen mit unseren Travelbuddies Nico und Antonio von Yogyakarta nach Probolinggo. Am Bahnhof von Probolinggo stiegen wir vom Zug direkt in eines der vielen Tuk-Tuk’s um und ließen uns wohlwollen in ein Reisebüro schleppen. Dort angekommen, ließen wir uns verschiedene Angebote für die Weiterfahrt zum Mount Bromo unterbreiten. Da man am Ende ohnehin bei denselben Anbietern landet, entschieden wir uns diesmal für ein umfangreiches rundum sorglos Paket, das uns binnen drei Tagen über den Mount Bromo und Mount Ijen bis nach Bali bringen sollte. Verpflegung und Übernachtungen wurden ebenfalls abgedeckt. Man bekommt für alles nur ein einziges Ticket und sollte daher darauf achten, dass alles gemäß Vereinbarung vermerkt ist. Es empfiehlt sich eigentlich immer auch ein Foto von derartigen Tickets zu machen, für den Fall, dass man sie verliert oder an einem der Schnittpunkte abgeben muss. Über die Preise lässt sich natürlich ausgiebig verhandeln. 

In einem Sammeltaxi ging es von Probolinggo nach Cemoro Lawang am Mount Bromo. Es war eine regnerische Nacht und der eigenartige Fahrstil unseres Fahrers trug nicht gerade zur Entspannung bei. Unseren Mitreisenden, einem Paar aus Tschechien, fiel die beunruhigende Fahrweise ebenfalls auf. Der Fahrer beschleunigte und ging ohne ersichtlichen Grund gleich wieder ruckartig vom Gas, dann kamen noch plötzliche Lenkbewegungen hinzu. Er machte das permanent, bis ihn Niko, der vorne saß, fragte warum er so komisch fährt. Wir warteten gespannt auf seine Antwort, doch die kam nicht. Naja, zumindest fuhr er ab da schon etwas ausgeglichener. Die Anfahrt nach Cemoro Lawang durch die Tengger Hochebene soll fantastisch sein, doch leider bekamen wir davon nichts mit, da es bei Abfahrt in Probolinggo schon dunkel war. Als wir spät Abends bei unserer Unterkunft in Cemoro Lawang ankamen, gab es ein einfaches, aber leckeres Abendessen. Danach ging nicht mehr viel, denn wir waren alle platt von der langen Anreise. 

Am nächsten Morgen stand unser Fahrer schon wieder pünktlich um 3:30 Uhr bei uns auf der Matte. Eva und Jakub saßen auch schon im Van. Wieder zu sechst also, fuhren wir zum Fuße des “King Kong Hill”, dessen Gipfel für seine filmreife Panoramaaussicht auf die Kraterlandschaft bekannt ist. Doch zunächst mussten wir den Aufstieg bewältigen. Unser Fahrer überließ uns der Dunkelheit und versprach uns nach Sonnenaufgang wieder abzuholen. Da es über Nacht geregnet hatte, war das Terrain teilweise sehr rutschig, wodurch der kurze Trek anstrengender war, als erwartet. Es war zudem stockdunkel und daher gar nicht so leicht den richtigen Pfad zu finden. Unsere Fitness aus den Tagen des Gokyo Treks in Nepal war uns auch längst wieder abhanden gekommen. Nach etwa einer Stunde erreichten wir die Spitze und gönnten uns einen kleinen Snack während wir auf den Sonnenaufgang warteten. Noch war nichts zu sehen. Man kann die drei Aussichtspunkte übrigens auch mit einem Allradfahrzeug erreichen, wenn man etwas mehr bezahlt.   
Als die Sonne sich langsam zeigte und das Schauspiel begann, wurde die surreal wirkende Umgebung Stück für Stück sichtbar. Blitzschnell zückten alle ihre Kameras und Handys und knipsten drauf los. Es sah aus wie eine dieser Darstellungen einer urzeitlichen Erde. Wir konnten die Aussicht von verschiedenen Aussichtsplattformen aus genießen und auch während des Abstiegs boten sich Gelegenheiten zum Verweilen und Fotografieren. Die Besucherzahl hielt sich in einem angenehmen Rahmen.


   
  
   
   

Als wir nun unten ankommen, wartet unser Fahrer schon auf uns. Es geht direkt weiter zum Mount Bromo. Kurz vor dem Bromo wird der Untergrund zu rau für unseren Van und wir steigen in einen Geländewagen um. Den letzten Abschnitt durch die beeindruckende Mondlandschaft bis hinauf zum Vulkankrater nehmen wir uns zu Fuß vor. Als wir aussteigen, ist schon einiges los. Reiter und Motorrad Cowboys fliegen über das Sandmeer hinweg, um den nächsten Kunden zum Gipfel des Vulkans zu transportieren. An Ständen werden Opfergaben und Essen verkauft. 
Der Bromo Vulkan erhebt sich 2392 Meter aus einem Meer aus Sand. Die unwirkliche Kraterlandschaft im Bromo Nationalpark gehört zweifellos zum Beeindruckendsten, was man auf Java erleben kann. Aus der riesigen Mondlandschaft ragt majestätisch und bedrohlich der Gunung Bromo auf, daneben wie ein perfekter Gugelhupf, der schöne Kegel des Gunung Batok und gegenüber ein kleiner Hindu Tempel. Rund um den aktiven Berg Bromo, lebt das kleine hinduistische Volk der Tengger, deren Sprache ausschließlich mündlich überliefert und ebenso gepflegt wird. Ihr höchstes religiöses Fest ist Yadnya Kasada. Dann pilgern sie auf den Bromo, um den Göttern Speisen, Blumen, Geldscheine oder eine lebende Ziege zu opfern bzw. in den rauchenden Schlund zu werfen.

Der Aufstieg zum Vulkan führt uns zunächst über die Lavarinnen und am Ende warten 240 Stufen darauf erklommen zu werden. Hat man die 240 Stufen geschafft, findet man sich direkt am Kraterschlund wieder, vor einer niedrigen Mauer. Danach verengt sich der Pfad und nichts steht mehr zwischen uns und dem Tor zur Hölle - schwindelfrei sein ist zweifellos von Vorteil. Als wir in den rauchenden Schlund blicken, entdecken wir den Kadaver einer geopferten Ziege. Es ist in jedem Fall ein bleibendes Erlebnis. Während aus der Tiefe lautes Knallen und Zischen ertönt und Schwefeldämpfe aufsteigen, haben wir nicht einmal eine Opfergabe zur Besänftigung der Götter dabei. Komischerweise ist kaum Schwefelgeruch wahrzunehmen, obwohl ordentlich Dampf aufsteigt. Völlig ungesichert, aber irgendwie doch entspannt, spazieren wir auf dem Kraterrand umher.


   
   
  
   
   
  
   
                     

Das eindrucksvollste Gefühl stellt sich ein, wenn man den Kraterrand bis zum höchsten Punkt hinauf wandert. Kommt man zur rechten Zeit, ist man dabei völlig allein und ungestört. Nebel und Dampf schlängeln sich vom Wind getrieben um den Berg herum, doch scheinen sich diese gleich wieder aufzulösen sobald man hindurch geht. Alles um einen herum ist scheinbar trostlos grau und doch faszinierend. Man fühlt sich als wäre man mitten in einem Science Fiction Film, bei der Erkundung eines fremden Planeten. Auf dem Weg zurück holt es einen langsam wieder auf die Erde zurück, umso näher man den Menschengruppen kommt. Wir fragen uns, warum wir dabei eigentlich so gar kein ungutes Gefühl hatten. Wenn wir alleine waren, wirkte der Vulkan und die Umgebung, paradoxerweise eher beruhigend auf uns. Im nach hinein haben wir auf unserer Navigations-App (Maps Me) folgenden Hinweis zu eben diesem höchsten Punkt des Kraters entdeckt: “very dangerous, don’t go there” - ups :) 

So sehr uns der Bromo faszinierte, mussten wir dann doch irgendwann wieder absteigen. Unser Fahrer wartete schon wieder sehnsüchtig auf uns. Zurück in unserem Guest House, packten wir unsere Rucksäcke, ließen uns das Frühstück schmecken und sprangen zurück ins Auto in Richtung Mount Ijen. 



MOUNT IJEN

Vom Bromo sind es etwa 200 km zum Mount Ijen, der nur noch einen Katzensprung von der Insel Bali entfernt ist. Wir sind noch nicht allzu lange unterwegs als wir plötzlich Halt machen müssen. Ein Erdrutsch hat die ohnehin schmale Strasse in dem dicht bewachsenen und hügeligen Waldgebiet blockiert. Die Fahrer sind auf so etwas vorbereitet und haben Schaufeln dabei. Wir setzen dabei auch unsere Hände ein und leisten unseren Beitrag, indem wir das Gestrüpp beiseite schaffen. Recht schnell ist zumindest eine Fahrbahnseite wieder befahrbar und es kann weitergehen. Allmählich wird uns klar, dass die Fahrt durch dieses Gebiet nicht ganz ungefährlich ist. Unser Fahrer bestätigt, dass es in dieser Gegend immer wieder zu Unfällen, aufgrund der Erdrutsche, kommt. Der Fahrer hat noch gar nicht zu Ende erzählt, als wir auf die nächste Blockade treffen. Es muss diesmal einen gewaltigen Erdrutsch gegeben haben, denn der Stau ist weitaus größer. Wir steigen aus und begeben uns zum Ort des Geschehens. Das obere Terrain hat sich komplett in Bewegung gesetzt und die Fahrbahn mit Teilen des Erdreiches bedeckt. Da die Aufräumarbeiten länger dauern und es jederzeit zu einem weiteren Erdrutsch kommen kann, packen wieder alle mit an. Nach einer Weile versucht ein Mutiger den Haufen zu überqueren, obwohl noch sehr viel Erde auf der Fahrbahn liegt. Er bleibt natürlich stecken. Zum Glück trifft in Form einer Art Feuerwehr, professionelle Hilfe ein und zieht den Wagemutigen aus dem Schlamassel. Der schicke Feuerwehr Pickup Truck wälzt anschließend die übrige Erde platt, sodass man vorsichtig einen neuen Versuch wagen kann. Es ist mittlerweile dunkel geworden, doch diesmal klappt es und wir können nach drei Stunden Wartezeit endlich weiterfahren. Am Ende kommen wir nach ganzen 9 Stunden in unserem Hotel im Sempol Village an. Das Hotel hat erwartungsgemäß nicht viel zu bieten, doch das stört nach der langen Anreise auch keinen mehr.

 

Nach einer kurzen Nacht werden wir schon um 1:00 Uhr morgens abgeholt und zum Mount Ijen gefahren. Da die berühmten “blauen Feuer” des Ijen nur nachts zu sehen sind, müssen wir zeitig am Ausgangspunkt sein. Die austretenden Schwefelgase entzünden sich in meterhohe blaue Flammen. Bis zu 250°C heiße Gasausströmungen oxidieren an der Luft zu Schwefel, der sich in Form von meterdicken Schwefelbänken ablagert. Dieses seltene Naturschauspiel findet vor einem türkisfarbenen Säuresee statt. Zunächst liegen jedoch schwere 3,5 km und rund 1000 Höhenmeter bis zum Kraterrand vor uns. 

Nachdem jeder eine Gasmaske bekommen hat, marschieren wir los. Die anderen Frühaufsteher steigen ebenso wie wir, schlaftrunken den Berg hinauf. Der Weg ist ziemlich steil, was die Schwefelarbeiter auf die Geschäftsidee gebracht hat, erschöpfte Besucher in Ihren Schubkarren zu befördern. Die Schubkarren sollten eigentlich dazu dienen, die schweren Schwefelbrocken abzutransportieren. Nach dem ersten Abschnitt wird der Geruch von Schwefel immer stärker und es wird Zeit die Masken aufzusetzen. Umso weiter wir aufsteigen, desto mehr Schwefel liegt in der Luft, was die Atmung erschwert. Dazu kommt dichter Nebel und das unwegsame Gelände ist in der Dunkelheit manchmal halsbrecherisch. 
Wir versuchen zusammen zu bleiben, müssen jedoch feststellen, dass wir Eva und Jakub verloren haben. Da Umkehren keine Option ist, gehen wir langsam weiter und hoffen sie oben anzutreffen. Wir können kaum unsere eigenen Hände sehen und uns wird langsam klar, dass wir möglicherweise nicht viel vom Naturphänomen Ijen mitbekommen werden. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir völlig erschöpft den Kraterrand. Zu sehen ist absolut nichts und uns ist kalt. Die Augen brennen, die Lunge brennt und das trotz der Gasmaske. Es war zeitweise fast unerträglich. Zum blauen Feuer müssten wir nun noch etwa 45 Minuten hinabsteigen, unser Guide bestätigt uns jedoch, dass das Feuer bei diesen Verhältnissen nicht zu sehen ist. Zu allem Überfluss müssen wir hier oben verharren und auf den Rest der Gruppe warten. Trotz allem verlieren wir nicht den Humor und knipsen ein paar Fotos von dem was halt zu sehen bzw. eben nicht zu sehen ist. Nach einer Weile machen wir uns auf den Rückweg, ohne auch nur etwas von einem Feuer, dem Salzsee bzw. überhaupt etwas von einem Vulkan zu erahnen - außer dem Schwefel natürlich :) Auf dem Weg nach Unten machen wir uns über uns selbst lustig. Die Natur lässt sich eben nicht kontrollieren und wir können uns damit trösten immerhin den Bromo in voller Pracht gesehen zu haben. 

                  
   
   

Erwischt man bessere Verhältnisse, muss der Ijen zweifellos ein faszinierendes Erlebnis sein - nicht aber für die Minenarbeiter, denn nach wie vor wird hier Schwefel abgebaut, subventioniert von der Regierung. Viele atmen ohne Schutz die giftigen Gase ein, während sie mit Eisenstangen die gelben Brocken aus dem Krater herausbrechen. Diese Menschen opfern damit mehrere Jahre ihres Lebens, um ihre Familien ernähren zu können. Für das Kilo Schwefel bekommen sie umgerechnet 7 Cent. Die Kraft reicht für zwei Fuhren am Tag bis ins Dorf. Am Abend gibt es dafür rund 10 Euro Sold. Selbst Souvenirs aus Schwefel werden von Ihnen hergestellt. Sie gießen direkt an den Quellen den heißen, flüssigen Schwefel in Formen und verkaufen die Skulpturen für umgerechnet ein bis zwei Euro. Eine zusätzliche Gefahr birgt der so harmlos wirkende See. Aus seinem Grund können immer wieder Wasserdampf-Explosionen austreten, wie 1976, als um die 50 Schwefelarbeiter ums Leben kamen. 
Wir steigen weiter ab. Die schwer beladenen Arbeiter müssen sich den Pfad mit uns teilen. Geduldig lassen sie sich von Touristen fotografieren. Ein Fototrinkgeld haben sich diese Arbeiter wahrlich verdient - aber eigentlich hat niemand so etwas verdient. Touristen mit Selfie-Sticks stehen den mit bis zu 90 Kg beladenen Schwefelarbeitern bei ihrem Aufstieg im Weg. Das macht nachdenklich und jeder der diesen Ort besucht, sollte diesen Menschen mit Würde und Respekt begegnen. 

Unten in der Ebene ist es tropisch, im krassen Kontrast zum Klima auf dem Ijen. Von der Fähre in Banyuwangi nach Bali trennt uns jetzt nur noch eine halbe Stunde Autofahrt. 
Auf der Fähre befreien wir uns von unseren mittlerweile unpassenden Klamotten, die zudem intensiv nach Schwefel riechen. Diesen Geruch haben wir übrigens erst nach mehrmaligem Waschen rausbekommen. 

Abschließend können wir sagen, dass man sich den Bromo nicht entgehen lassen sollte und den Ijen unter normalen Umständen wahrscheinlich auch nicht. Der Touristenandrang hat sich zur Zeit unseres Besuchs in Grenzen gehalten. Wir hatten scheinbar großes Glück, da es an diesen Hotspots für gewöhnlich ziemlich ausartet. Vor allem für den Ijen sollte man Kampfgeist besitzen und auch einigermaßen fit sein. Es war insgesamt eine harte Tour mit wenig Schlaf und anstrengenden Märschen. Doch jeder Schritt, um diese Naturwunder einmal selbst erleben zu können, lohnt sich - dabei führt uns nun der nächste Schritt nach Bali und verspricht etwas mehr Entspannung ; )